Einsamer Wanderer in kalten Welten

Die Winterreisevon Franz Schubert mit Jonas Kaufmann

Die heutige CD Empfehlung gehört für mich in jede Winterzeit. Wenn es draußen dunkel ist und kalt, kuschel ich mich auf mein Sofa unter eine warme Decke, lege die Winterreise mit Jonas Kaufmann ein, die er zusammen mit seinem langjährigen Wegbegleiter und Pianisten im Jahre 2014 aufgenommen hat und schließe die Augen. Dann werde ich schon hineingezogen in eine andere Welt, ich lausche der ausdrucksstarken warmen Stimme des Münchner Opernsängers und dem wunderbaren Klavierspiel von Helmut Deutsch.

Das erste Mal live gehört habe ich dieses Werk von Franz Schubert am 1.4.2014 in der Philharmonie Berlin, eben mit diesem kongenialen Duo. Es war das intensivste und berührenste Musikerlebnis, was ich bis zu diesem Zeitpunkt erfahren habe, ausgenommen vielleicht die Werke Johann Sebastian Bachs, insbesondere die Matthäuspassion. Auch heute noch zähle ich die Winterreise vor fast sechs Jahren zu den Momenten, die mich nachhaltig beeindruckt haben. Ich kann mich  daran erinnern, dass ich fast die ganze Zeit über weinen musste. Diese gesungene Erzählung hat mich so unglaublich tief berührt und traf mitten in mein Herz. Ich saß damals diesem Ausnahmekünstler genau gegenüber und konnte ihm direkt in sein Angesicht blicken.Ich sah jeden Blick, jede noch so kleine Regung. Ich hatte das Gefühl ihm tief in die Seele zu blicken. Jede Mimik, jede Gestik, jeder Ausdruck intensivierte die ohnehin schon unglaublich eindringliche und berührende Interpretation. Dieses sind Gedanken die ich damals niedergeschrieben habe und die auch heute immer noch Gültigkeit haben. Daher werde ich weiter fortfahren mit diesen Worten. Sie drücken die Gefühle aus, die mich erfassen, wenn ich diese Musik höre.

....Nur allein durch seine ausdruckssstarke Stimme und seine bewegende und ergreifende Interpretation vermittelte Jonas Kaufmann den Menschen im Konzertsaal die aufwühlende Gefühlswelt dieses einsamen  jungen Mannes. Die ganze Verzweiflung, den Schmerz und die völlige Hoffnungslosigkeit hörte man in seiner Stimme, in jeder einzelnen Note, in jedem noch so leisen Ton.

Ein Seelenwanderer zwischen den Welten, auf einem Weg ohne Rückkehr, ein getriebener Mensch ohne Hoffnung und Zuversicht auf ein Leben in Liebe und Glück. Tief hineingezogen wurde der Zuschauer in diese Welt aus Eis, Schnee und totaler Einsamkeit, unaufhaltsam und mit ganzer Macht. Nur hin und wieder blitzt ein kurzer Lichtstrahl der Hoffnung auf und ist genauso schnell wieder entschwunden.

Der 50jährige Ausnahmekünstler nahm den Zuhörer mit auf diese traurige und letzte Reise. Er schien seine Seele offen zu legen und berührte die Menschen tief in ihren Herzen. Jonas Kaufmann trug diese Winterreise nicht vor, er  war vom ersten Moment mittendrin in dieser kalten Welt voller Schmerz, Leid und Dunkelheit. Er verwandelte sich in den verzweifelten, lebensmüden Wanderer auf seinem

Weg bis hin zum unabwendbaren und unvermeidbarem Ende am Schluss...Man meint, die Kälte und den scharfen Wind fast zu spüren oder die Krähen zu hören.Unwillkürlich tauchen die Bilder vor dem inneren Auge auf und brennen sich tief in die Gedanken. Es ist eine fast reale Erfahrung, die tiefe Empfindungen auslöst. Es ist fast nicht möglich, sich diesem Sog zu entziehen...

Begleitet wurde der deutsche Ausnahmesänger wie schon erwähnt von seinem langjährigen Weggefährten und kongenialen Partner Helmut Deutsch. Bezeichnet als Liedbegleiter ist dieser wunderbare Musiker und Pianist so viel mehr. Erst Lehrer und dann ein Begleiter auf unzähligen Liederabenden in Europa und der ganzen Welt. Heute verbindet die zwei Künstler eine tiefe Verbundenheit und enge Freundschaft. Helmut Deutsch unterstreicht mit seiner Interpretation am Klavier die gesungenen Worte der Sänger auf das Intensivste, ganz besonders, wenn er zusammen mit Jonas Kaufmann auf der Bühne steht. Eine perfekte Symbiose von Gesang und Klavier.

Ich werde den Abend des 1.April 2014 in der Philharmonie Berlin sicher niemals vergessen, sondern für immer in meinem Herzen tragen. Ich würde diese Reise jederzeit wieder mit Jonas Kaufmann und Helmut Deutsch machen, sie begleiten auf einen Weg in Schnee, Eis und Einsamkeit. So lange ich diese Gelegenheit nicht erhalte, lege ich mir die CD ein, schließe die Augen und lausche ergriffen Stimme und Klavier, gleite hinein in eine unwirkliche Welt und lasse mich berühren von der Geschichte einer unerfüllten Liebe und dieser unendlichen Traurigkeikt...Dann einfach nur Stille... Ich brauche eine Weile, um zurückzukehren ...Am Ende verspüre ich jedes Mal eine sonderbare Mischung aus Ergriffenheit, Glück und Erleichterung. Ich bin froh, wieder raus zu sein aus dieser trostlosen Welt und voller Glück über diese wunderschöne, ergreifende Musik und zwei Künstler, die sie intensiver nicht vermitteln könnten.

Begebt Euch also selbst auf die Reise und lasst Euch berühren von der Musik und einer bewegenden Geschichte, erzählt von Jonas Kaufmann und Helmut Deutsch.

Die CD gibt es nicht nur über Amazon zu bestellen, sondern auch in jeder gut sortierten Klassikabteilung, wie  zum Beispiel auch bei Ludwig Beck in München, 4. Etage.

Die Bildrechte in diesem Beitrag liegen bei Gregor Hohenberg/ Sony Classical, Hannah Klug/ www.wunderbare welt der oper.de

und Nicole Hacke/ www.travellens.de


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