Zum Künstlergespräch mit Jonas Kaufmann -

Plauderstunde zur Mittagszeit in der Wiener Staatsoper

       Von Hannah Klug / Wunderbare Welt der Oper

                      29. Januar 2022


(C) Barbara Horstmann / Wien


Am Donnertag, den 27. Januar, hatte der Offizielle Freundeskreis der Wiener Staatsoper zu einem Künstlergespräch mit dem deutschen Weltstar Jonas Kaufmann eingeladen, der am Tag zuvor sein weltweites Rollendebüt als Peter Grimes gegeben hatte. Nun nahm er sich Zeit für eine Plauderstunde zur Mittagszeit im Gustav Mahler-Saal der Wiener Staatsoper. Daher auch der Titel der für die Mitglieder kostenlosen Veranstaltung;: "Mittagsstunde mit Jonas Kaufmann". Zuletzt war Bassbariton Erwin Schrott hier zu Gast gewesen. Anwesend war (wen wundert's?) überwiegend weibliches Publikum. Ebenso amüsant war die Tatsache, dass ich mit Ende 40 den Altersdurchschnitt immer noch deutlich drücke. Oper ist doch immer noch etwas für die Generation 40 plus. So war es nun auch gestern Mittag. Die fast eineinhalb Stunden waren ausgesprochen unterhaltsam und kurzweilig, und der 52-jährige Bayer kam aus dem Reden gar nicht mehr raus. Der Moderator der Veranstaltung hatte alle Mühe, seine Fragen unterzubringen, die Jonas Kaufmann manches Mal mit zehn Minuten oder auch länger beantwortete. So wurde dieses Künstlergespräch statt der angesetzten Stunde deutlich überzogen. Ich denke jedoch nicht, dass diese Tatsache jemanden der anwesenden Gäste ernsthaft gestört hätte.

(C) Barbara Horstmann / Wien


So plauderte sich der sympathische Künstler bestens gelaunt und vermutlich noch mit einem Restanteil Adrenalin von Frage zu Frage und gab interessante und unterhaltsame Einblicke in sein Leben als Opernsänger, schüttelte auch die eine oder andere Anekdote aus dem Ärmel und brachte sein Publikum immer wieder durch seine überaus charmante Art zum Lachen. Man könnte ihm einfach stundenlang zuhören, ohne dass auch nur eine Spur von Langeweile aufkommen würde. Das Künstlergespräch selber war grob in zwei Abschnitte eingeteilt: Im ersten ging es - wie schon erwähnt - um die Arbeit als Opernsänger mit all seinen Freuden und Tücken, im zweiten kam dann noch Kaufmanns Leidenschaft für den Liedgesang zur Sprache. Dazu gab es eine Audioeinspielung und eine weitere ganz zum Schluss. Die angekündigten Videoeinspielungen sind aus unbekannten Gründen unter den Tisch gefallen. Das tat der Veranstaltung aber überhaupt keinen Abbruch. Im Gegenteil, so blieb mehr Zeit, um den spannenden Ausführungen des deutschen Weltstars zu folgen, der auch mal aus dem Nähkästchen plauderte und offensichtlich große Freude daran hatte, auch bei diesem Künstlergespräch sein Publikum gut zu unterhalten, die Aufmerksamkeit der zahlreichen Damen im Gustav Mahler-Saal zu genießen, die wissbegierig und aufmerksam an seinen Lippen hingen.

(C) Barbara Horstmann / Wien


Nachdem Jonas Kaufmann mit einem kräftigen Applaus empfangen worden war, nahm er seine FFP2-Maske ab und erklärte, er habe dazu die Erlaubnis erhalten.. Allerdings komme nun sein eher ungepflegter Bart zum Vorschein, der mit seiner Rolle als Peter Grimes zu tun habe, der sich vermutlich schon ziemlich lange nicht mehr im Spiegel angeschaut habe. Das sei glaubwürdiger. Nun müsse er halt auch erst einmal so herumlaufen. Die Maske sei also derzeit doch recht praktisch, um diese äußere Erscheinung ein wenig zu verbergen. Damit erntete der sympathische Weltstar aus München gleich die ersten Lacher vom gut gelaunten Publikum im Saal. Nach etwa dreißig Sekunden hatte der Opernsänger seine Fans bereits um den Finger gewickelt, sofern das überhaupt notwendig war, und ein überaus unterhaltsames Gespräch begann.

Die erste Frage an Jonas Kaufmann war, was er am liebsten vor einem Auftritt zu sich nehme. Er bevorzuge ganz klar Pasta als Energiespender, vor seinem Rollendebüt am vergangenen Mittwoch sei es aber tatsächlich eine Wurstsemmel gewesen. Diese liebe sein Jüngster auch bereits sehr, natürlich wie er selbst mit Gurkerl, verriet der vierfache Familienvater im Anschluss an den offiziellen Teil in einer kleinen Unterhaltung vor dem Gustav Mahler-Saal. Vegetarier könnte der deutsche Weltstar aus München mit zweitem Wohnsitz in Wien niemals werden, auch wenn es der Umwelt zuliebe richtig wäre.

Es sei einmal ein Kollege zu ihm in die Garderobe gekommen, um ihn dabei zu überraschen, wie er mit den Nerven am Ende auf seinen Auftritt warte, und sei vollkommen konsterniert gewesen, als er ihn noch kurz vorher ganz gemütlich mit einem Buch auf dem Sofa liegend und lesend vorgefunden habe. Festgelegte Rituale findet der 52-Jährige übrigens nicht wirklich sinnvoll, da man sich als Sänger damit in eine ziemliche Abhängigkeit bringen würde. Denn wäre es mal nicht möglich, das gewohnte Ritual durchzuführen, könne das unter Umständen den Auftritt gefährden. Keine gute Idee. Bezüglich seiner Vorbereitung auf neue Rollen oder überhaupt ihre Verkörperung auf der Bühne wurde Jonas Kaufmann gefragt, ob er sein Alter Ego auf irgendeine Weise sympathisch finden müsse. Diese Frage wurde mit einem klaren "Ja" beantwortet. Es bedeute schon auch ein wenig Mut, in sich selbst nach Parallelen zu suchen zu der Figur, die man ja authentisch darstellen möchte, und sei diese Übereinstimmung auch noch so winzig. Sich vorzustellen, dass man unter bestimmten Voraussetzungen genauso handeln könnte, würde sehr helfen, den Charakter anzunehmen und ihm Leben einzuhauchen. Zudem betonte der geborene Münchner nochmals, wie wichtig der Applaus nach einer Vorstellung für ihn sei, um schnell wieder umschalten zu können von der Rolle auf der Bühne zum Privatmenschen. Er wurde auch angesprochen darauf, ob CD-Aufnahmen als Möglichkeit gedacht seien, etwas für die Nachwelt zu erschaffen und zu hinterlassen. Ja, denn wenn man als Sänger auf der Bühne stehe, dann bleibe dieser Abend für eine Weile in den Köpfen der Zuschauer, aber irgendwann verschwinde die Erinnerung; eine CD-Aufnahme jedoch habe Bestand. So könne man den Generationen danach auch etwas hinterlassen. Ein nachvollziehbarer Gedanke.

Das soll sie gewesen sein, meine kleine Zusammenfassung dieser wunderbaren und unterhaltsamen "Mittagsstunde mit Jonas Kaufmann" im Gustav Mahler-Saal in der Wiener Staatsoper.

Vielen herzlichen Dank für den reibunglosen Ablauf und die gute Organisation. Und mein ganz besonderer Dank gilt natürlich dem Freundeskreis der Wiener Staatsoper für diese großartige Gelegenheit sowie Jonas Kaufmann für seine Bereitschaft, sich für dieses Künstlergespräch zur Verfügung zu stellen. Ihr seht, eine Mitgliedschaft lohnt sich auf jeden Fall. Abgesehen davon unterstützt man die schönste Sache, die es gibt, die wunderbare Welt der Oper. Informationen dazu gibt es direkt über die Website der Wiener Staatsoper.

(C) Barbara Horstmann / Wien


                 Wer die Musik liebt,

         kann nie ganz unglücklich werden.

 

                       (Franz Schubert)