Parsifal - Ein Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen

Informationen, Hintergründe und Einblicke zum Werk

                             1. Teil

      Von Hannah Klug / Wunderbare Welt der Oper

                       6. April 2021


(C) Link Youtube / Dennis Tschirner


Die ersten Informationen habe ich bei Wikipedia gefunden und werde versuchen, diese noch ein wenig kompakter zusammenzufassen. "Parsifal" ist das letzte musikdramatische Werk von Richard Wagner. Wagner selbst bezeichnete das dreiaktige Stück als Bühnenweihfestspiel und verfügte, dass es ausschließlich im Bayreuther Festspielhaus aufgeführt werden sollte. Handlung und Titel beruhen auf dem Versroman Parzival des mittelhochdeutschen Dichters Wolfram von Eschenbach.

Zur Intention von Wagner steht bei Wikipedia folgendes geschrieben: Wagners Parsifal enthält religiöse Elemente wie weihevolle Musik, Monstranzenthüllung (Gral), Taufe und christliches Abendmahlsritual. Bereits in den Zürcher Kunstschriften (Das Kunstwerk der Zukunft, Oper und Drama) entwickelte er die Idee, den Kern des Religiösen durch Kunst zu verdeutlichen. In "Religion und Kunst" schreibt er zusammenfassend: "Man könnte sagen, dass da, wo die Religion künstlich wird, der Kunst es vorbehalten sei, den Kern der Religion zu retten, indem sie die mythischen Symbole, welche sie im eigentlichen Sinne als wahr geglaubt wissen will, ihrem sinnbildlichen Werte nach erfasst, um durch ideale Darstellung derselben die in ihnen verborgene tiefe Wahrheit erkennen zu lassen."

Wagner erklärte, dass er zur Transformierung seiner gleichnishaften Botschaft, Erlösung und Regeneration der Menschheit durch Mitleid – dargestellt durch den suchenden Parsifal und den leidenden Amfortas , eine Kunstform gewählt habe, die mit religiöser Symbolik eine "entrückende Wirkung auf das Gemüt" ausüben solle.


(C) Wikipedia


 

Einige Takte in Richard Wagners «Parsifal»

 

von Werner Hintze 

Manchmal ist es ein einziger Ton, in dem sich ein ganzes Werkes zu konzentrieren scheint. Wer Thomas Manns Doktor Faustus gelesen hat, wird sich an die Vorträge des ebenso skurrilen wie genialischen Wendell Kretzschmar erinnern, der eine Stunde lang über die Frage zu sprechen vermochte, warum Beethoven zu seiner Sonate op. 111 keinen dritten Satz geschrieben hat. Unvergesslich, wie dort die letzte Wandlung des Arietta-Themas durch ein eingeschobenes Cis geschildert wird, mit dem in Thomas Manns Interpretation das Werk den Blick ins Transzendente eröffnet und damit zu einem Abschluss kommt, der ins Unendliche führt.

Seltsamerweise ist es im dritten Akt des Parsifal ebenfalls ein Cis, in dem der Gehalt des Stücks zusammengefasst ist: Parsifal kehrt nach langen, qualvollen Irrfahrten in das Gebiet des Grals zurück. Er hat den Ort erreicht, an dem er seine Aufgabe erfüllen, den Orden der Gralsritter vom Siechtum befreien und die Königswürde auf sich nehmen wird. Am Ende seiner Fahrt angekommen, legt er Schild, Schwert und Helm ab, die er nicht mehr benötigen wird, und die man im Gralsgebiet auch nicht tragen darf, wie ihn der aufbrausende Gurnemanz hat wissen lassen.

 

Diesen Vorgang komponiert Wagner auf eine außergewöhnliche, geradezu wagemutige Weise: Über sieben sehr langsam zu spielende Takte halten die Streicher ein Cis aus, das nach und nach immer leiser wird, bis es fast in die Unhörbarkeit verschwindet. Einige Paukenschläge im Rhythmus eines Trauermarschs, Parsifals Motiv im düsteren Klang der Blechbläser, einige Pizzicato-Töne der tiefen Streicher hallen durch die Stille, dann scheint die Musik ganz zu ersterben. Im letzten Moment erst kommt mit dem mühsam sich aufrichtenden Motiv des heiligen Speers wieder etwas Bewegung in die Musik: Parsifal erhebt den Blick betend, um Beistand flehend zur Spitze des Speers.

Wie Wagner hier das musikalische Geschehen bis zum Äußersten reduziert und die Musik an die Grenze ihrer Existenz führt, ist charakteristisch für die Kompromisslosigkeit seiner letzten Komposition. Dass er gerade diese Stelle musikalisch derartig radikal gestaltet, hat freilich einen klar definierten Sinn: In dem fahlen Licht, das die sterbende Musik über die Szene und das ganze Werk wirft, erkennt der Zuhörer, was hier geschieht: Es ist die Musik zu Parsifals Tod. Indem er die Bürde des Gralskönigtums übernimmt, opfert er alles auf, was er war, sein Leben, seine Liebe, seine Hoffnungen, dies alles legt er nun ab, nicht nur die Waffen, die er nicht mehr benötigt. Der schier endlos ausgehaltene Ton ist ein ins Endlose gedehnter Augenblick vor dem letzten, Entschluss, der tödlich und doch unausweichlich ist. Und auf eine wundersame Weise verbindet er sich mit jenem anderen Cis in dem Thomas Mann «ein schmerzlich liebevolles Streichen über das Haar, über die Wangen, einen stillen, tiefen Blick ins Auge zum letzten Mal« gehört hat.

 

Wen diese Stelle einmal bis ins Mark getroffen hat, der wird nicht mehr fragen, was mit dem scheinbar so enigmatischen «Erlösung dem Erlöser!» gemeint ist: Es ist die flehentliche Bitte um Erlösung für den, der alles hingeben musste, um den fast verglimmenden Funken der Hoffnung auf eine Zukunft am Leben zu erhalten.

Der Text ist urheberrechtlich geschützt, alle Rechte beim Autor des Textes, Werner Hintze.

 

(Die Quelle für diesen wunderschönen Text stammt von der Homepage des Richard-Wagner-Verband International e.V.)


(C) LInk Youtube / Bayerische Staatsoper


Einige Worte zu den sogenannten Leitmotiven, speziell zum Parsifal, habe ich in einer meiner liebsten Quellen und Nachschlagewerke gefunden: "Richard Wagner Parsifal" aus der Reihe "Opern der Welt" und erschienen im Schott Verlag. Kurt Pahlen kommentiert das gesamte Werk, gibt Erläuterungen, zahlreiche Notenbeispiele sowie musikbezogene Hinweise zur Handlung des letzten musikdramatischen Werks von Richard Wagner. Die Erklärungen sind gut verständlich geschrieben und angenehm zu lesen. Ich kann dieses Taschenbuch nur wärmstens empfehlen.

Richard Wagner schrieb, als er (im Münchner Hoftheater am 12. November 1880) König Ludwig dem II. das Vorspiel zu "Parsifal" vorführte, eine Einführung, der er die Überschrift gab: "Liebe-Glaube-: Hoffen?" Darin spricht er von zwei "Themen": "Liebe" und "Glauben", die gemeinsam zweifellos den Inhalt dieses ausgedehnten Tonstückes ausmachen. Wenn wir aber zum Zwecke einer Analyse von den musikalischen Themen sprechen, so müssen wir ihrer drei erwähnen. Wagner selbst hat bekanntlich seinen Motiven keine Namen gegeben; das haben erst seine Jünger und Erklärer getan (Hans von Wolzogen schuf den heute überall verwendeten Begriff des "Leitmotivs"), wobei keineswegs eindeutig feststeht, inwieweit diese Motive tatsächlich mit einem eingehenden Wort bezeichnet werden können.

(C) LInk Youtube / theaddreport


Das erste Motiv, das im Parsifal-Vorspiel vorkommt, kann wohl als "Liebesmotiv" bezeichnet werden, bedeutet aber keinesfalls die sinnlich-menschliche Liebe (die etwa Tristan und Isolde zueinander trieb), sondern eine höhere, sublimierte Liebe, die durch eine Vereinigung mit Gott ihre Erfüllung erfährt. Diese Tonfolge erklingt in der ersten Gralsszene davon, von "Stimmen aus der Höhe" gesungen mit dem Text : "Nehmet hin meinen Leib, nehmet hin mein Blut um uns'rer Liebe willen", womit der Bogen zur christlichen Liebe - zur Kommunion im katholischen Sinne - gezogen erscheint.

Das Motiv erklingt unisono, von je einer Klarinette, einem Fagott, vier Solostreichern gespielt, denen sich im zweiten Takt noch das Englischhorn zugesellt. Es erfährt eine stimmungsvolle Entwicklung bis zum verschwebenden Abschluss. Darauf setzt es abermals einstimmig ein, aber dieses Mal von As-Dur nach c-Moll versetzt, was ihm einen unendlich schmerzlichen Charakter verleiht.

 

Nach weiterer Entwicklung und einem erneuten Verschweben bringt Wagner ein Motiv, das mit dem Gral identifiziert werden könnte ("Gralsmotiv"). Es ist allerdings weniger mystisch als das "Liebesmotiv", seine Instrumentation mit Trompeten und Posaunen läßt eher an die weltlichen Missionen der Gralsgemeinschaft denken; trotzdem bleibt die innerliche Versenkung, das Gottvertrauen, das Bewußtsein einer heiligen Aufgabe unüberhörbar.

 

Unmittelbar schließt sich nun mit zusätzlichen Hörnern das felsenfeste "Glaubensmotiv" an. Es bildet den dynamischen Höhepunkt des Vorspiels, das im Wesentlichen mit den drei genannten Themen arbeitet und klanglich eine fast unglaubliche Fülle von Stimmungen durchläuft, von ätherischer Zartheit zum gewaltigen Ausdruck der Glaubensstärke.

Die drei Motive untermalen auch noch, zum Teil hinter der Bühne - wie aus der fernen Gralsburg - geblasen, den Beginn der ersten Szene.

Abschließend sei noch die "Verwandlungsmusik" oder das "Verwandlungsmotiv" erwähnt. Hierzu steht im Opernführer folgendes geschrieben:

Die "Verwandlungsmusik" ist von besonderer Bedeutung: musikalisch, szenisch, dramatisch, psychologisch, ja wenn man will sogar philosophisch ("zum Raum wird hier die Zeit"). (Wagner selbst hat geschildert, welche Mühe ihm die Anpassung dieser Musik an das sich verwandelnde Bühnenbild machte und wie er für die szenischen Erfordernisse noch mehrere Minuten Musik dazukomponieren mußte.)

 

Das waren einige wenige Beispiele zum Thema "Leitmotive", aber auch drei der wichtigsten in Richard Wagners Bühnenweihfestspiel. Es gibt noch zahlreiche weitere Motive: das von Kundry, von Amfortas, dem dahinsiechenden Gralskönig, das "Erlösungsmotiv" oder "Motiv des durch Mitleid wissenden Toren" (also Parsifal, der später allerdings noch ein anderes entgegengesetztes Motiv haben wird: das des seiner Mission noch unkundigen, welterfahrenden Ritters, das Herzeleidmotiv, ein Motiv, das Bezug nimmt auf den Zauber und Klingsors Schloss).

 

Zum Begriff "Motive" schreibt Kurt Pahlen : "Motive sind nichts Feststehendes, sie werden nach wechselnden Stimmungen variiert und dem jeweiligen Seelen- oder Lebenszustand angepaßt, den es zu schildern gilt."

 


(C) Link Youtube / moltovivace


Alle Fakten in Kürze zur Uraufführung: (Quelle: Richard Wagner - Parsifal)

 

Titel : Parsifal

Bezeichnung : Ein Bühnenweihfestspiel in drei Akten

Dichtung und Musik : Richard Wagner

Uraufführung : Bayreuth, am 26. Juli 1882

Spieldauer : etwa 5 Stunden

Zeit (nicht von Wagner angegeben): Wahrscheinlich um die Mitte des

        9. christlichen Jahrhunderts.

Ort (von Wagner nur ungenau angegeben): Wahrscheinlich am Südhang

       der Pyrenäen, wo seinerseits die Grenze zwischen christlichem

       und islamischem Gebiet verlief.

Schausplätze : I. Akt : Im Gebiete des Grals, Waldlichtung nahe eines Sees;

                  in der Gralsburg

                  II. Akt : In Klingsors Zauberschloss und -garten

                 III. Akt : Im Gebiete des Grals, eine Frühlingsaue;

                          in der Gralsburg

 


(C) Wikimedia Commons


Ich denke, alles Weitere wird für einen Beitrag zu viel, so ende ich hier und mache mich umgehend an den zweiten Teil meiner Parsifal-Werkeinführung. Die aktuellen Beiträge sollen die bereits bestehenden auf meinem Blog ergänzen. Unter den Kategorien Nicht verpassen ! , Werkeinführungen und Erinnerungen gibt es einiges zu lesen und zu entdecken ... Viel Freude dabei!