Parsifal-Richard  Wagners letztes Werk

Gedanken und  Fakten zum Bühnenweihfestspiel

   Von Hannah Klug / Wunderbare Welt der Oper

                     18. Juni 2018


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In den letzten Wochen habe ich mich mit Parsifal, Richard Wagners letztem, vollkommenen Werk ausführlich beschäftigt und das mit den unterschiedlichsten Methoden und auf den verschiedensten Wegen. Auf jeden Fall sehr intensiv. Nun ist es bald so weit, am 28.6. um 16:00 hebt sich der Vorhang für die erste und einzige Festspielpremiere im Münchner Nationaltheater. Vorgestern fand genau dort die Generalprobe statt und es gab kaum einen freien Platz im Zuschauerraum. Nun freue ich mich auf die erste offizielle Aufführung am morgigen Tag mit einer Neuinszenierung auf allerhöchstem künstlerischen, musikalischen und gesanglichen Niveau. Ich werde allerdings erst über die Vorstellung am 5.Juli meine Eindrücke niederschreiben.


Parsifal ist ganz sicher Richard Wagners Meisterwerk, der Höhepunkt seines Schaffens, sein Lebenswerk, sein Erbe. Diese Musik ist von so überwältigender und ergreifender Schönheit, dass man einfach hinweggespült wird in einer Flut aus Gefühlen, die mit solcher Intensität die Menschen ins Herz und in die Seele treffen, dass ein sich zur Wehr Setzen keine Chance hat. Fast vierzig Jahre vergingen zwischen den ersten Gedanken, dieses Werk zu komponieren und der Uraufführung in Bayreuth am 26. Juli 1882.

 

Wer sich mit einer sehr gut geschriebenen und kompakten Einführung noch intensiver mit dem Parsifal beschäftigen möchte, dem empfehle ich aus der Reihe Opern der Welt: Richard Wagner Parsifal; Textbuch, dazu Einführung und Kommentar von Kurt Pahlen. Erschienen im Schott Verlag.

 

(C) Link Youtube / Bayerische Staatsoper


Richard Wagner befasst sich in seinem sogenannten Bühnenweihfestspiel unter anderem mit den Themen des christlichen Glaubens :

Erlösung, Buße, Sünde, Leiden, Hoffnung, Liebe, Gemeinschaft, Vergebung, Tod. Gerade im ersten und dritten Akt sind das die zentralen Themen. Und es gibt die christlichen Rituale und Symbole: die heilige Taufe, das in die Luft geschlagene Kreuz, das letzte Abendmahl(oder hier auch Liebesmahl), die Spende des Segens, der heilige Speer, der heilige Gral….Im Gegensatz dazu steht das Geschehen im zweiten Akt: die Welt von Klingsor, der gerne ein Gralsritter wäre, dies aufgrund seiner unfassbaren Tat an sich selbst(er entmannt sich um seine Keuschheit zu bewahren) nicht mehr sein darf und der nun in seinem Zauberschloss eben diese Gralsritter verführen lässt ,um ihnen ihre Unschuld zu nehmen und sie zu töten. Hier regieren Zauberkraft und der Kampf Gut gegen Böse. Klingsors Welt ist das Gegenteil zur sakralen und spirituellen Welt der Gralsritter.

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Das gesamte Werk, an dem Richard Wagner fast 40 Jahre schrieb, ist erfüllt von den verschiedensten Motiven, die immer wieder auftauchen, vorbereiten, vertiefen, hervorheben, erklären, ankündigen. Im Workshop zur Neuproduktion des Parsifal an der Bayerischen Staatsoper kam zum Ausdruck, dass es vor allem drei Leitmotive gibt, die immer wieder auftauchen, so auch im Vorspiel: Das Liebesmahlmotiv (auch Abendmahl- oder Liebesmotiv), das Gralsmotiv und das Glaubensmotiv. Als viertes sehr wichtiges sei noch das Prophezeiungsmotiv genannt: „Durch Mitleid wissend, der reine Tor: harre sein, den ich erkor.“ Es ist die Ankündigung des Erlösers, das Nahen von Parsifal und damit die Errettung für die Gralsgemeinschaft und Amfortas. Bis Parsifal, der unwissende reine Tor, sich seiner Mission bewusst ist und Amfortas und die Gralsritter erlöst und rettet, wird noch eine lange Zeit ins Land gehen. Die entscheidende Wendung geschieht im zweiten Akt im Reich von Klingsor. Der Kuss der Erkenntnis, der Kuss von Kundry verändert mit einem Schlag alles. Parsifal, der dort zum ersten Mal wieder seinen Namen hört, wird zum Mitleidwissenden, der jetzt begreift, was er vor vielen Jahren sah. Er fühlt die Schmerzen von Amortas Wunde und die unendlichen Qualen seiner Seele, die ihm fast das Herz zerreißen. Er kennt nun seine Aufgabe und ist fortan vor jeder Versuchung geschützt.

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Wagners letzte Oper, sein Bühnenweihfestspiel, ist eine spirituelle, eine transzendente Reise in die Tiefen der Seele, hin zu Gott, zum Glauben, zur Erlösung. Eine Reise voller Mühen und Entbehrungen, aber auch erfüllt von Liebe, Güte und Vergebung. In Richard Wagners Werk gibt es fünf Figuren, die im Fokus stehen, eine Verbindung zueinander haben, voneinander abhängig sind und sich immer wieder begegnen und verlieren;

 

 

Parsifal, der unwissende reine Tor, der durch Mitleid wissend zum Erlöser wird und Amfortas von seinen Leiden befreit.

 

Gurnemanz, der Gralsritter und engste Vertraute von Amortas und bester Freund von Titurel, der sehnsuchtsvoll auf den Erlöser  und die Errettung der Gralsgemeinschaft wartet.

 

 

Amortas, der siechende Gralskönig, der sich von Kundry verführen ließ und dem von Klingsor der heilige Speer geraubt wurde und von ihm mit eben diesem verwundet wurde.

 

 

Kundry, das geheimnisvolle Wesen, die verdammt ist auf ewig zwischen den Welten zu wandeln, seitdem sie Jesus Christus am Kreuz verlachte und nun darauf hofft, von ihrem Fluch erlöst zu werden.

 

Klingsor, der gefallene Gralsritter,der sich, um seine Keuschheit zu bewahren, selbst entmannte und darauf hin von Titurel, Amfortas Vater, aus der Gralsgemeinschaft verstoßen wurde und nun auf Rache sinnt in seiner Zauberwelt.

 

 

Titurel,(man hört nur seine Stimme), Amfortas Vater, der seinem Sohn die Krone des Gralskönig übergab und nun darunter leidet, dass sein Sohn sich weigert, den heiligen Gral zu enthüllen.

 

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Dieses monumentale Werk von Wagner in wenige Worte zu fassen ist unmöglich und so können hier nur einige wenige Fakten wiedergegeben werden, zumal ich mich auf keinen Fall als eine ausgewiesene Kennerin von Wagners Musik bezeichnen kann.

 

Eines kann ich aber mit Bestimmtheit sagen: es ist mit Sicherheit eine tiefgreifende Erfahrung, sich einzulassen auf diese bewegende Reise und auf eine überwältigend und traumhaft schöne Musik, deren Macht sich niemand entziehen kann, wenn er sein Herz ganz weit öffnet.