Hat die Musik eine Zukunft?

Einige Gedanken zum Tag der Musik

                                      27. Juni 2020

(C) Ylanite Koppens auf Pixabay


Der Tag der Musik am 21. Juni 2020!

Dieser schöne und wichtige Tag besteht seit 2009 und wurde damals auf Initiative des Deutschen

Musikrates ins Leben gerufen. Am Tag der Musik feiern Musikerinnen und Musiker die Vielfalt des

Musiklebens in Deutschland über alle Altersgrenzen und Grenzen hinweg. Seit 2019 liegt dieser Tag immer auf dem 21.Juni. An diesem Aktion

stag sind alle Musiker und Musikerinnen, egal ob Profi oder Amateur, dazu aufgrerufen, das ganze Land mit ihren Stimmen und Melodien zu verzaubern. Es sind ebenfalls Theater, Opern- und Konzerthäuser daran beteiligt genauso wie Vereine, Schulen, Clubs, Musikhochschulen und Kleinkunstbühnen. Das Ziel ist es, die Bedeutung und den Wert der Musik in Deutschland zu unterstreichen und zu feiern. Dieser Tag eröffnet durch die unterschiedlichen Arten von Veranstaltungen interessierten Menschen einen neuen Zugang zur Welt der Musik. Der Initiative Tag der Musik wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten gefördert. Als Medienpartner begleiten die ARD und Deutschlandfunk Kultur diesen Tag für die Musik.

(C) Kate Cox auf Pixabay


Leider ist auch hinsichtlich des Tages der Musik alles anders: Großveranstaltungen sind nach wie vor nicht gestattet und ein gemeinsames Musizieren nur sehr eingeschränkt möglich. So heißt es nun auf der Website von musikrat.de:

 

                                             Mitmachen: Musik@home

"Musik ist überall- wenn man ihr Aufmerksamkeit und offene Ohren schenkt. Feiert den Tag der Musik 2020 bei Euch zu Hause und im Geiste mit uns allen: Hört Mozart in der Badewanne, schickt euren Freunden Links zu eurer Lieblingsmusik, musiziert per App mit eurem Chor oder Ensemble, gebt ein Spontankonzert für Eure Nachbarn auf dem Balkon oder hört einen Konzertstream auf Youtube...Es gibt unendlich viele Möglichkeiten. Denn der Tag der Musik 2020 bedeutet vor allem:

Indivdualität, Kreativität und eine Liebeserklärung an die Vielfalt uneres Musiklebens."

(C) Fernando Neves auf Pixabay


Mehr denn je ist es notwendig, dass die Aufmerksamkieit auf die weiterhin vorhandene und große Not der freischaffenden Künstler zu richten,auf die Situation der zahlreichen Sänger und Musiker, die im Laufe der letzten Monate ihre Veträge aufgrund der Coronakrise verloren haben und deren Exsistenz bedroht oder bereits zerstört ist. Ich spreche natürlich nicht von denen in jeglicher Hinsicht erfolgreichen Weltstars der Musikszene. Ich spreche von den jungen Sängern und Musikern, die noch am Beginn ihrer Karriere stehen oder von denen, die einfach weiterhin ihren Beruf ausüben und ihren Lebensunterhalt damit verdienen möchten, weil sie sich etwas anderes zu tun nicht vorstellen können. Ich widme diesen Beitrag den Menschen, für die Musiker oder Sänger zu sein nicht einfach nur ein Beruf, sondern Berufung ist. Erwähnen möchte ich auch hier wieder die Berufszweige, die ein Opern- oder Konzerthaus am laufen halten, ohne die ein reibungsloser Betrieb nicht möglich wäre. Ohne diese Menschen, die genau wie alle Sänger und Musiker auch ihr ganzes Herzblut in ihre Arbeit legen, würde sich am Abend der Vorhang im Opernhaus nicht heben oder würden sich die Türen im Konzerthaus  nicht öffnen. Bühnenarbeiter, Kulissenbauer, Maler, Masken und Kostümbildner, Techniker, Beleuchter und viele weitere Mitarbeiter bangen ebenfalls um ihre Zukunft, ihre Arbeitsplätze, gerade in den kleinen und nicht vom Staat subventionierten Theatern, Opern- und Konzerthäusern. Viele der Mitarbeiter befinden sich nach wie vor in Kurzarbeit oder haben erst langsam wieder die Gelegenheit, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren.

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Kommen wir nun zurück zur Situation der Kunst, Kultur und Musik und vor allem zu jener  der freischaffenden Künstlern, die um ihre Existenz kämpfen und um den Platz, den die Musik in unserem Leben haben sollte. Sie ist ein Teil unserer Gesellschaft, unserer Kultur.  Es gibt ein weiteres Problem, über das man dringend zu sprechen hat: die Schere, die sich langsam öffnet zwischen den Superstars der Musikszene sowohl im Bereich Gesang wie auch bei den Intrumentalisten.  Auch dieses Thema habe ich schon einmal zur Sprache gebracht, nun tritt dieses immer mehr in den Vordergrund. Gebucht werden gerade jetzt in erster Linie die Weltstars, die Sänger und Musiker, die schon groß im Geschäft sind und sich auch auf dem Höhepunkt der Krise  finanziell keine Sorgen machen mussten. Stars wie Anna Netrebko und ihr Ehemann Yusif Eyvasov, Jonas Kaufmann, Juan Diego Florez, Olga Peretyatko, Sonya Yoncheva, Lisette Oropesa, Roberto Alagna, Ludovic Tezier. Es tauchen immer wieder dieselben Namen in den Gäste-und Besetzungslisten auf. Die jungen Künstler, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen oder die sich vielleicht noch im Studium befinden, müssen sich ernsthaft mit der Frage beschäftigen, ob sie sich so einen (Traum)beruf überhaupt noch leisten können oder ob sie sich besser nach einer Alternative

umschauen sollten. Aber auch den freischaffenden Künstlern im Mittelstand, die sich schon ein gewisses Standing in der Branche erarbeitet haben, brechen nun die finanziellen Einnahmen weg. Die Luft ist dünn geworden, wenn es um die Engagemants geht, die gerade oder auch in der Zukunft zu vergeben sind. Bereits bestehende Verträge für geplante Produktionen oder Konzerte werden einfach aufgelöst oder gekündigt. Wenn diese Situation so weitergeht, dann wird es genau diesen Mittelstand nicht mehr geben und junge Menschen werden der Kunst und Musik den Rücken zukehren. Die Vielfalt der Musik wird langsam aus unser Gesellschaft verschwinden und machen die Kulturlandschaft immer ärmer. Am Ende bleiben einige Superstars übrig. Wenn diese irgendwann ihre Karriere beenden, fehlt der Nachwuchs, um die Ausfälle zu ersetzen und die Musikszene am Leben zu erhalten.

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Es gibt nicht nur Auswirkungen der aktuellen Situation auf die freie Künstlerszene, auch die Musikliebhaber und Besucher von Opernveranstaltungen, Konzerten und Festivals leiden unter den gegebenen Bedingungen. Die Ticketpreise, die ohnehin schon nicht unbedingt sehr niedrig sind, insbesondere für bestimmte Weltstars wie Anna Netrebko oder Jonas Kaufmann, werden weiter steigen, wenn die Anzahl der Karten für die einzelnen Veranstaltungen in so limittierter Anzahl zur Verfügung stehen. Die Folge davon könnte sein, dass sich nur noch eine bestimmer Anteil in der Bevölkerung Kunst, Kultur und Musik leisten kann. Musik wird elitär und unrereichbar für die meisten Menschen. Die Superstars der Musikszene singen und spielen für die Upperclass. Für den großen Teil der Musikliebhaber bleibt dann nur noch der Stream im Internet oder auch mal eine Übertragung im Fernsehen oder Kino. Soll das tatsächlich unsere Zukunft sein? Soweit dürfen wir es auf keinen Fall kommen lassen! Wir müssen weiter zusammen kämpfen für die Zukunft der Musik und Kultur. Diesen wunderbaren und kostbaren Beruf auszuüben und davon leben zu können muss für jeden Menschen möglich sein, dessen Wunsch es ist. Und jedem Musikliebhaber muss der Zugang zu jedem Konzert oder jeder Opernvorstellung ermöglicht werden. Kunst und Kultur dürfen auf keinen Fall zum Luxusgut avancieren! Darum kann es nur einen Kampf Seite an Seite geben. Künstler, Veranstalter und das Publikum müssen sich gemeinsam dafür einsetzen, dass es möglichst schnell einen Weg zurück in die Normalität gibt und dass alle Hilfe und finanzielle Unterstützung in ausreichender Form erhalten, die sie brauchen. Jeder kann etwas tun, dieses so wichtige Thema im Gespräch zu halten, die zahlreichen Petitionen zu unterstützen genau wie die verschiedenen Hilfsorganisationen und Spendenaktionen. Alle Journalisten oder diejenigen, die journalistisch in irgendeiner Weise tätig sind, zum Beispiel einen Blog zu diesem Thema betreiben, haben die Pflicht, darüber zu berichten und dieses den Menschen immer wieder ins Gedächnis zu rufen. Unsere Politiker sollten diesbezüglich besonders aufmerksam zuhören, denn sie haben offensichtlich immer noch nicht den Ernst der Lage in der Kunst, Musik und Kulturbranche begriffen. Vielleicht hat dieses auch einfach nicht die Bedeutung wie die Auto- und Luftfahrtbranche zu unterstützen. Vermutlich muss man wohl Prioritäten setzen...

(C) TravelCoffeeBook auf Pixabay


So sind die freischaffenden Künstler, Veranstalter, Theater-, Opern- und Konzerthäuser erst einmal weiter auf sich alleine gestellt und können nur immer wieder auf die schwierige Situation aufmerksam machen, sich gegenseitig unterstützen und die Öffentlichkeit weiter über die Krise in der Kunst und Kulturbranche auf dem Laufenden halten. Die Künstler, die sich einen Namen gemacht haben, nutzen bereits ihren Bekanntsheitsgrad ,um ihre Stimme zu erheben für die Kollegen, die weniger priviligiert sind

und weisen  auf die Problematik der Branche hin. Ein Sänger, der sich immer wieder zur Situation der freischaffenden Künstler und der klassischen Musik äußert, ist der Münchner Opernsänger und Weltstar Jonas Kaufmann. Er hat schon mehrfach in kritischen Worten zur Sprache gebracht, was er denkt und wie kritisch es seiner Meinung nach um seine Branche steht. Er unterstützt die von Manfred Strohscheer und Oper! Das Magazin ins Leben gerufene Stiftung Saengerhilfe.de Sie sammelt genau für die freischaffenden Künstler; Sänger und Sängerinnen, Regisseure und Regieassistenten und alle anderen Berufszweige der Musikbranche, die nur für einzelne Projekte entlohnt werden, Spendengelder.

Bis zum 27.April waren es bereits 120.000; Euro, die auch bereits ausgezahlt worden sind. Dieses ist natürlich alles nur ein Tropfen auf dem heißen Stein!

Außerdem gibt es eine gemeinsame Petition, die der 50Jährige Opernsänger mit seinem Freund und Kollegen, dem französischen Bariton Ludovic Tezier, iniziiert hat. Die Petition Opernsänger für Kultur in Europa kann nach wie vor auf Change.org unterschrieben und unterstützt werden. Der derzeitige Stand der gesammelten Unterschriften liegt aktuell bei knapp unter 25.000. Es gibt weitere Petitionen, die es zu unterstützen lohnt. Wer sich noch ein wenig intensiver mit der Problematik der freischaffenden Künstler, der Veranstalter und der gesamten Situation in der Musikszene befassen und informieren möchte ,für den könnte folgende Seite von Interesse.

(C) Screenshot Spendenaufruf Jonas Kaufmann / Saengerhilfe.de


Aber es gibt noch andere Stellen, an die sich die freiberuflichen Musiker wenden können, um eine entsprechende finanzielle Unterstützung zu beantragen. Die Deutsche Orchesterstiftung hat ebenfalls einen Nothilfefonds eingerichtet. Der aktuelle Spendenstand am 25. Juni 2020 betrug über 2Millionen Euro. Auch dort sind bereits die ersten Auszahlungen an die Künstler erfolgt. Die prominente Schirmherrschaft für den neu ins Leben gerufenen Nothilfefonds haben die Kulturstaatsministerin Monika Grütters und der Chef der Berliner Philharmoniker und scheidende Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper Maestro Kirill Petrenko.

Genau wie für die Sängerhilfe sind auch für  den Nothilfefonds der Deutschen Orchesterstiftung weitere Spenden notwendig, um dafür zu sorgen, dass die Sänger, Musiker und alle weiteren Berufe, die von der Krise betroffen sind, die Zeit überbrücken können, in denen sie keine oder einige wenige Engagements haben. Zum Schluss möchte ich noch ein weiteres Mal in Erinnerung rufen, dass auch über die Website der Bayerische Staatsoper Spenden getätigt werden können. Mit den Veranstaltungen der Montagskonzerte, der freien Sonntage und der Video-on-Demand-Angebote soll ebenfalls die freie Künstlerszene finanziell unterstützt werden. Wie Ihr seht, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, etwas zu tun, um die Kunst und Kultur als eine wichtige   gesellschaftliche Grundlage zu unterstützen und am Leben zu halten. Am wichtigsten ist es aber, dass wir das bewahren, was wunderschön und kostbar ist und was unser Leben und unser Miteinander so bunt und vielfältig gestaltet. Ohne Musik, Kunst und Kultur ist unser Dasein sehr viel trostloser und trauriger.

Und darum lasst es uns immer und immer wieder in die Welt hinausschreien:

 

              KUNST IST SYSTEMRELEVANT!

(C) Wilfried Hösl / Bayerische Staatsoper


             Die Musik ist ein moralisches Gesetz.

            Sie schenkt unseren Herzen eine Seele,

                       verleiht den Gedanken Flügel,

                        lässt die Fantasie erblühen...

                                                                                (Platon)