Einführung in E. Wolfgang  Korngolds tote Stadt

     Von Hannah Klug / Wunderbare Welt der Oper

                    8. November 2019


Erich Wolfgang Korngolds tote Stadt ist sicher nicht nur für mich Opernneuland und so mache ich mich nun auf die Spuren dieses Meisterwerks, bei dessen Uraufführung der Komponist gerade einmal 23 Jahre alt war.

Bevor ich mich näher mit dem Werk befasse, gibt es vorab noch einige Fakten und Hintergründe zum Komponisten und seinen Lebensumständen.

Erich Wolfgang Korngold wurde am 29.5.1897 in Brünn, Mären geboren und starb am 29.11.1957 in Los Angeles, USA.

Im Jahre 2017 jährte sich zum 120. Mal der Geburtstag des Komponisten sowie sein 60. Todestag.

Er war Komponist, Dirigent und Pianist. 1901 kam Erich Wolfgang Korngold mit seinen Eltern und seinem Bruder nach Wien, wo er auch aufwuchs. Die Korngolds waren eine Wiener Musikerfamilie und kaum eine andere Familie spiegelt das Wiener Musikleben zu Beginn des 20. Jahrhunderts so wider. 1910 wurde in Wien Korngolds erste Komposition aufgeführt und verlegt. Der junge Musiker war zu dem Zeitpunkt 13 Jahre alt. Nur ein Jahr später(1911) gab er sein Debüt als Pianist in Berlin und noch einmal 6 Jahre später(1917) in Wien als Dirigent. Der junge Komponist galt damals schon als Wunderkind und hat seine Zeit maßgeblich durch seine Arbeit und sein Schaffen geprägt.

Kein Geringerer als Giacomo Puccini äußerte sich sehr lobend über den jungen Erich Wolfgang Korngold und bezeichnete ihn als größte Hoffnung der modernen deutschen Musik. Für Gustav Mahler war er ein Genie und Jean Sibelius nannte ihn einen jungen Adler.

Als Komponist erlangte er großen Ruhm vor allem durch seine Oper "Die tote Stadt" im Jahre 1920. Korngold sah sich als Vertreter der modernen Klassik. Er kam 1943 in die Vereinigten Staaten, um Filmmusik zu komponieren. 1938 entschied er sich wegen seiner jüdischen Herkunft und des Nationalsozialismus, endgültig mit seiner Familie in den USA zu bleiben. Dort erhielt er für die Filme "Ein rastloses Leben" und "Robin Hood, König der Vagabunden"- seine wohl bekannteste Filmmusik- zwei Oscars.

Weitere Informationen zu Erich Wolfgang Korngold und seinem Leben und Schaffen gibt es an den Stellen zu finden von der auch der Großteil der Inhalte dieses Beitrages stammen.

 

1. Wikipedia

2. Austria Forum

3. Ö1 Online

4. de.Schott-Music.com

 

Im zweiten Teil der Einführung soll es nun um das Werk gehen, das am 18.11.2019 in einer Neuproduktion von Regisseur Simon Stone, geboren in Basel und aufgewachsen in Cambridge und Melbourne, Premiere hat.

Wer noch an Hintergrundinformationen bezüglich Simon Stone(32) interessiert ist, dem lege ich den neuen Max Joseph ans Herz, wo es ein sehr gut geschriebenes und ausführliches Portrait des jungen Regisseurs zu lesen gibt, der immer wieder mit seinen Interpretationen und Regiearbeiten zu polarisieren weiß. Simon Stone gibt mit dieser Neuproduktion sein Hausdebüt an der Bayerischen Staatsoper.

Als zweite unerschöpfliche Quelle ist natürlich das Internet zu nennen. Dort gibt es bereits Einblicke in das Regiekonzept der toten Stadt, das der schweizerisch-australische Regisseur bereits im Jahre 2016 in Basel zur Aufführung brachte und nun für München neu erarbeitet.

Bevor ich mich der Enstehungsgeschichte und dem Inhalt von Erich Wolgang Korngolds toter Stadt widme, gibt es hier einen ersten aber nicht unbedingt aussagekräftigen musikalischen Eindruck. Es ist Mariettas Arie aus dem ersten Akt: "Glück, das mir verblieb."

Im folgenden Video erklingt diese wunderschöne Arie als Duett gesungen von der deutschen Sopranistin Julia Kleiter und keinem geringeren als Jonas Kaufmann, der am 18.11.2019 an der Bayerischen Staatsoper sein gespannt erwartetes Rollendbüt als Paul gibt.

Erich Wolfgang Korngolds" Die tote Stadt" hatte wie bereits erwähnt im Jahre 1920, genau gesagt am 4. Dezember, Uraufführung und zwar gleichzeitig an zwei Orten; in meiner Heimatstadt Hamburg am Stadttheater und am Stadttheater in Köln.

Das Libretto stammt vom Vater des Komponisten(Julius Korngold), der unter dem Pseudonym Paul Schott mit seinem Sohn zusammenarbeitete. Spieldauer der Oper sind 2,5 Stunden. Ort und Zeit der Handlung: Brügge am Ende des 19. Jahrhunderts. Die wichtigsten Figuren im Stück sind:

 

1. Paul (Tenor)

2. Marietta, Tänzerin, (auch Erscheinung Maries,Pauls verstorbener Gattin) (Sopran)

3. Frank, Pauls bester Freund (Bariton)

4. Brigitta, Pauls Haushälterin (Alt oder Mezzosopran)

 

Eingetragen ist die Oper unter "Die tote Stadt" op. 12. Es handelt sich bei dem Werk um eine sogenannte durchkomponierte Oper,  in drei Bilder aufgeteilt. Das Libretto hat als Grundlage den Roman "Das tote Brügge" (Brueges-la-morte, 1892; deutsche Übersetzung 1903) von Georges Rodenbach (1855-1898). Für das Libretto wurde die Handlung von Rodenbachs Roman zum Teil stark verändert.

 

Noch ein paar Anmerkungen zur Musik, die ich auch noch bei Wikipedia gefunden habe und die eine ungefähre Vorstellung geben, was ab dem 18.11.2019 im Münchner Nationaltheater unter der Leitung des noch amtierenden Generalmusikdirektors  zu hören sein wird.

"Im Gegensatz zur avantgardistischen Haltung der Wiener Schule und um Schönberg, Berg und Webern, die Atonalität und später die Zwölftontechnik propagierten, pflegte der Komponist dieser Oper einen spätromantischen Stil, geprägt durch seinen Lehrer Alexander von Zemlinsky, Richard Wagners Chromatik und Leitmotiv-Technik, sowie die Orchestrierungstechnik von Richard Strauss. Korngolds Partitur zeigt aber auch Einflüsse des Verismo Puccinis. Als berümteste Nummern der Oper gelten "Glück das mir verblieb(Mariettas Lied) und die schwärmerisch-melancholische Bariton-Arie "Mein Sehnen, mein Wähnen".

In jedem Fall bieten insbesondere die Partien des Paul und der Marietta stimmlich große Herrausforderungen. Das weiß auch Jonas Kaufmann im unten folgenden offiziellen Preview-Clip zu berichten. Der 50jährige Ausnahmesänger gibt wie schon bereits erwähnt sein Rollendebüt als Paul. Für ihn ist diese Partie eine der anspruchvollsten in seinem Repertoire.

Zum Schluss natürlich auch noch einige Worte zum Inhalt dieser Oper. Dieser ist ebenfalls auf Wikipedia, beim Opera Guide online oder auch auf der der Website der Bayerischen Staatsoper nachzulesen.

 

                                                                               Erster Akt bzw. Erstes Bild

Im Mittelpunkt der Handlung steht Paul, deren Geschichte hier erzählt wird und der Tänzerin Marietta, ein Abbild seiner verstorbenen Frau Marie. Der Ort der Handlung ist Brügge, ganz genau beschrieben ein Zimmer, das Paul in dieser Stadt bewohnt und das er "die Kirche des Gewesenen" nennt. An diesem Ort und in diesem Zimmer erinnert ihn alles an seine verstorbene Frau Marie. In einer Vision erscheint ihm Marie und sagt ihm vorraus, dass der Tag kommen werde, an dem er sie wieder ganz besitzen wird. Dann taucht Marietta in Pauls Eremitage auf und zieht den Witwer aufgrund ihrer großen Ähnlichkeit mit Marie in ihren Bann. Um die Ähnlickeit mit seiner verstorbenen Frau noch zu verstärken ,gibt er der Tänzerin Maries Schal und Laute. Marietta singt die Arie "Glück das mir verblieb".

Als sie versehentlich ein Bild von Pauls Frau enthüllt, erschrickt Paul und Marietta verlässt fluchtartig den Ort des Vergessens.

 

                                                                               Zweiter Akt bzw. Zweites Bild

Paul hat sich in die Tänzerin Marietta verliebt und ist auf der Suche nach ihr. Er findet sie bei ihrer Theatergruppe, umringt von Verehrern. Im Verborgenen beobachtet Paul,wie die Truppe die  Totenerweckung der Helene aus der Oper" Robert der Teufel"von Giacomo Meyerbeer probt. Im Anschluss konfrontiert er Marietta mit der Aussage,dass er sie verachte und sie nur liebte, weil sie seiner verstorbenen Frau Marie so sehr ähnlich sähe. Die Tänzerin bietet nun ihrerseits alle ihre Verführungskünste auf, um den Witwer vom Gegenteil zu überzeugen

 

                                                                              Dritter Akt bzw. Drittes Bild

Marietta verlangt von Paul bedingunglose Liebe oder den Verzicht auf eine gemeinsame Zukunft. Sie fängt an, ihn zu provozieren, nimmt sich die Locke von Marie aus dem Schrein und beginnt verführerisch vor Paul zu tanzen. Dieser gerät derart außer sich, dass er Marietta erwürgt.

Einige Zeit später kommt Paul wieder zu sich und erkennt, dass er die Geschehnisse des zweiten und dritten Aktes nur geträumt hat. Plötzlich taucht Marietta noch einmal bei ihm auf, um den Schirm und die Rosen mitzunehmen, die sie vergessen hatte ,als sie am Ende des ersten Aktes fluchtartig Pauls Zimmer verließ. Dieser erzählt seinem besten Freund Frank von seiner Vision. Frank rät ihm,"die Kirche des Gewesenen" zu verlassen. Paul verspricht diesem Rat Folge zu leisten und Brügge, die tote Stadt, für immer zu verlassen.

 

Der folgende Opernsteckbrief der Bayerischen Staatsoper gibt zum Abschluss noch eine gesonderte Einführung in das Werk von Erich Wolfgang Korngold.

In meinem zweiten, persönlicheren Beitrag werde ich auf die Thematik dieser Oper eingehen: Tod, Verlust, Trauer. Der Verlust eines geliebten Menschen ist etwas so Unmittelbares und ein so einschneidendes und intensives Ereignis im Leben, dass ein paar Worte  nicht ausreichen für eine respektvolle Darlegung. Die Gedanken, die ich zu diesem Thema habe,  möchte ich gesondert niederschreiben. Sie sind der Inhalt des nachfolgenden Beitrages.

Die Premiere dieser Neuproduktion in einer Regiearbeit von Simon Stone, unter der musikalischen Leitung von GMD Kirill Petrenko und mit Jonas Kaufmann als Paul(Rollendebüt) und Marlis Petersen

als Marietta findet am 18.November 2019 um 19:00 im Münchner Nationaltheater statt.

Diese Premiere wird zu dem live auf BR Klassik übertragen. Beginn ist um 18:30 live aus dem Foyer.